Deep Sky Astrofotografie (Teil 1): Auf den Spuren von Hubble und Co?

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Wie (und warum) man heutzutage mit kleinen Teleskopen und der Lucky-Imaging-Methode von Mond, Planeten und einigen helleren Deep Sky Objekten extrem scharfe Bilder bekom-men kann, die vor wenigen Jahrzehnten nicht einmal mit Großteleskopen möglich waren, hatten wir in einem vorherigen Artikel bereits beschrieben (Outsmarting Earth’s Atmosphere). Doch wie sieht es mit der klassischen Langzeitbelichtung von Sternhaufen, Nebeln und Galaxien (der sogenannten „Deep-Sky-Fotografie“) aus? Auch hier bieten sich ganz neue Möglichkeiten für jede Instrumenten-größe...

Bei der Verbindung der Begriffe Astrofotografie und Hubble kommen Astronomie-Interessierten vermutlich zwei Dinge in den Sinn: einerseits die fantastischen Aufnahmen des Weltraumtele-skops Hubble, andererseits die für das kosmologische Weltbild revolutionären Beobachtungen von Edwin Hubble von vor etwa 100 Jahren, die es wirklich rechtfertigen, dass das berühmte Teleskop nach ihm benannt wurde. Nehmen wir dann noch das „Co“ aus dem Titel hinzu – nämlich die extremen Möglichkeiten moderner, erdgebundener Großteleskope – dann mag mancher Laie meinen, ernsthafte astronomische Beobachtungen sind heute nur noch sinnvoll, wenn man die größten Geräte zur Verfügung hat.

Doch dass dies nicht stimmen kann, zeigt ausgerechnet die Profiastronomie selbst. Spitzenforschung wird nämlich heute sowohl mit Großteleskopen als auch mit kleinen Kameraobjektiven betrieben, denn das gewählte Instrument hängt zum Beispiel von der Forschungsfrage und den Eigenschaften der Zielobjekte ab. So gibt es tatsächlich zahllose Objekte, für deren Untersuchung ausgerechnet ein Großteleskop die denkbar schlechteste Wahl wäre. Und umgekehrt gibt es Himmelskörper, deren Studium mit einer kleinen Optik keinen Sinn macht. Und die herausragenden Techniken im Bereich der Kameras und Sensoren, die im Fokus von astronomischen Geräten aller Art heutzutage eingesetzt werden, erlauben selbst mit kleinen Instrumenten Leistungen, die noch vor Jahrzehnten mit größeren Teleskopen kaum denkbar erschienen. Dies gilt für jeden Zweck – um beeindruckende Bilder zu bekommen, um Ausbildung und Lehre zu betreiben, und sogar für das Sammeln „richtiger“, wissenschaftlicher Daten.

Wie der bereits genannte Beitrag zum Lucky Imaging sollen auch die folgenden Beispiele aus dem Bereich der Deep Sky Astrofotografie einen kleinen Eindruck vermitteln, „was heutzutage so geht“. Einige Beispiele gehen an die Grenzen und eifern Hubble nach (dem Teleskop und dem Forscher), andere sind noch nicht einmal so besonders schwierig.

Aber eines muss vorab erwähnt werden: Astroaufnahmen spielen sich aufgrund meist schwacher Signale fast immer an der Grenze des Detektierbaren ab. Die hier gezeigten Endbilder sind alle das Ergebnis von in der Profiastronomie üblichen Standards der Datenaufnahme und der Kalibration. Selbst die Rohdaten von Hubble sind verrauscht und zunächst weit von den schönen Bildern entfernt, die man üblicherweise kennt. Aber legen wir los...

Galaktische Nebel im Bild – wie „Groß“ und „Klein“ sich ergänzen und wie Instrumente astrotauglich werden…

Abbildung 1: Der Nordamerikanebel NGC 7000 im Sternbild Schwan. Links: Aufnahme mit einer handelsüblichen DSLR (Canon EOS 600d). Rechts: Aufnahme mit einer sonst nahezu baugleichen, aber astromodifizierten DSLR (Canon EOS 700dA). Verwendete Optik: Samyang f=135mm, f/2. Einzelheiten: siehe Text (Bilder: K. Jäger)

Abbildung 1 zeigt zwei Bilder des bekannten Nordamerikanebels NGC 7000, einer Sternentstehungsregion in unserer Milchstraße. Die linke Aufnahme entstand mit einer handelsüblichen normalen digitalen Spiegelreflexkamera (DSLR) – also quasi mit Technik „von der Stange“ – wenn auch hier bestückt mit einem in Astrokreisen wegen seiner Lichtstärke und exzellenten Bildqualität sehr geschätzten Teleobjektiv mit f=135mm und einem extremen Öffnungsverhältnis f/2, was die Erfassung lichtschwacher flächenhafter Objekte sehr erleichtert. Die Gesamtbelichtungszeit beträgt lediglich 20 Minuten. Dass das möglich ist, liegt vor allem an der Quanteneffizienz der verbauten digitalen CMOS-Detektoren. Diese liegt bei normalen Kameras bei etwa 30-40 Prozent, d.h. gut ein Drittel der Photonen des Objekts, die auf den Sensor fallen, werden auch registriert. Das klingt erstmal nach nicht viel, aber bei der klassischen Fotografie lag die Effizienz gerade mal bei etwa einem Prozent!

Abbildung 2: Der Nordamerikanebel NGC 7000, aufgenommen mit der gleichen Optik wie bei Abbildung 1. Als Kamera kam hier jedoch eine dedizierte Astrokamera (ZWO ASI 183 MC Pro) mit hoher Auflösung und Quantenausbeute in Kombination mit einem Duo-Schmalbandfilter für Emissionsnebel zum Einsatz. Einzelheiten: siehe Text. (Bild. K. Jäger)

Doch mit einer relativ einfachen Modifikation geht es noch besser. Im rechten Bild oben mit fast identischem Setup (und direkt danach in der gleichen Nacht, also bei gleichem Wetter und gleicher Transparenz der Luft aufgenommen!) kommt der rötlich leuchtende Nebel viel deutlicher heraus. Die rötliche Farbe entsteht durch leuchtendes Wasserstoffgas, welches Licht bei etwa 656 nm Wellenlänge abstrahlt und das unserem Auge als rötlich erscheint. Genau dieser Spektralbereich wird bei handelsüblichen Kameras (linkes Bild) jedoch weitgehend herausgefiltert, weil sonst bei Tageslichtaufnahmen die Farben nicht dem unserem Auge gewohnten Anblick entspre-chen (die Bilder wären rotstichig). Doch in der Astrofotografie galaktischer Nebel will man natürlich diese Frequenzen sehen. Die Kamera im rechten Bild wurde deshalb astromodifiziert, d.h. der Filter wurde ausgebaut. Mit dieser kleinen und mit wenigen Hundert Euro vergleichsweise billigen Maßnahme wird eine digitale Spiegelreflexkamera (oder eine spiegellose DSLM) schon zu einer ordentlichen Kamera für den Astrobereich.

Auch Abbildung 2 zeigt eine Aufnahme des Nebels mit der 135mm f/2 – Optik – jedoch mit zwei entscheidenden Verbesserungen: Zum einen wurde nun eine dedizierte Astrokamera verwendet, d.h. in diesem Falle eine gekühlte Kamera, um das thermische Rauschen zu verringern, mit kleineren und vielen Pixeln für eine hohe Auflösung, und einer Quanteneffizienz von etwa 85 %. Zum anderen kam ein Schmalbandfilter zum Einsatz, der ausschließlich das Licht rund um die OIII- und Halpha-Spektrallinien (Sauerstoff und Wasserstoff) durchlässt – genau jenes Licht also, welches von vielen Emissionsnebeln ausgeht. Alle anderen Wellenlängen – insbesondere auch unser künstliches Licht der Städte – wird herausgefiltert.

Diese Methode erlaubt solche Aufnahmen auch in lichtverschmutzten Gebieten und erhöht den Kontrast. 

Abbildung 3: Detailaufnahme einer kleinen Region aus NGC 7000, aufgenommen mit der ZWO ASI 183 MC Pro Astrokamera und Duo-Schmalbandfilter an einem 15cm-Newton Spiegelteleskop bei f/3.45. Einzelheiten: siehe Text. (Bild. K. Jäger)

Abbildung 3 geht hingegen nun sehr ins Detail. NGC 7000 deckt am Himmel mehrere Vollmondflächen ab. Um das Gebiet als Ganzes in seinem Umfeld zu erfassen, ist i.d.R. bereits jedes mittelgroße Amateurteleskop völlig „überdimensioniert“ (größerer Abbildungsmaßstab geht meist mit kleinerem Gesichtsfeld einher). Für die Erfassung des gesamten Nebelgebiets sind daher die Setups in Abbildung 1 und vor allem in Abbildung 2 ideal. Abbildung 3 zeigt dafür nun einen hochaufgelösten Ausschnitt des Nebels in einer Qualität, wie sie vor Jahrzehnten nur an großen Teleskopen möglich war. Das Bild hat eine Gesamtbelichtungszeit von nur 60 Minuten und entstand mit der genannten Kombination aus gekühlter Astrokamera und Schmalbandfilter, diesmal jedoch montiert im Fokus eines Newton-Spiegelteleskops mit 15cm Hauptspiegeldurchmesser und bei f/3.45. Die Auflösung liegt bei etwa 0.9 Bogensekunden/Pixel.

Abbildung 4: Komplexes Nebelgebiet um Gamma Cygni (Bildmitte). Weitfeldaufnahme mit f=135mm-Optik und Astrokamera. Der Sichelnebel NGC 6888 ist am oberen rechten Bildrand erkennbar. Einzelheiten: siehe Text. (Bild. K. Jäger)

Ein weiteres Beispiel für eine Weitfeldaufnahme mit der Astrokamera, dem Schmalbandfilter und dem 135mm-Teleoptik zeigt Abbildung 4. Hier sieht man den strukturreichen Nebelkomplex um den Stern Gamma Cygni (Bildmitte). Oben rechts ist als ein Detail der sogenannte Sichelnebel NGC 6888 in knapp 5000 Lichtjahren Entfernung erkennbar – ein Nebel um einen Wolf-Rayet-Stern. Ein detaillierter Anblick nur dieses Objekts erfordert dann wieder ganz andere Mittel.

Abbildung 5: Der Sichelnebel NGC 6888 im Detail. Aufnahme mit einem 25cm-Ritchey-Chretien-Teleskop, Astrokamera und Schmal-bandfiltern. Einzelheiten: siehe Text. (Bild. K. Jäger)

Abbildung 5 zeigt den Sichelnebel formatfüllend aufgenommen mit Astrokamera und Schmalbandfilter – nun aber installiert an einem modernen Ritchey-Chretien Truss-Tube Spiegelteleskop mit 254mm Öffnung (siehe auch den Artikel zum Lucky Imaging). Die Abbildungen 4 und 5 haben beide jeweils ca. 50 Minuten Belichtungszeit.

Mit diesen neuen Möglichkeiten lohnt es sich auch, Objekte abzulichten, die gerade durch das Hubble-Teleskop sehr populär geworden sind. So zeigt Abbildung 6 die berühmten „Säulen der Schöpfung“ im Nebelgebiet des offenen Sternhaufens Messier 16. Die Aufnahme entstand wieder mit einer Astrokamera, diesmal aber an einem kleinen Newton-Spiegelteleskop mit nur 13cm Öffnung.

Abbildung 6: Die berühmten „Säulen der Schöpfung“ im Adlernebel M16, aufgenommen mit einem 13cm-Newton-Spiegelteleskop und einer dedizierten Astrokamera. Rechts ist noch einmal an das berühmte Hubble-Bild erinnert (https://en.wikipedia.org/wiki/Pillars_of_Creation). Bildquellen: Großes Bild: K.Jäger. Kleines Bild: NASA, ESA, and the Hubble Heritage Team (STScI/AURA)

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