Vor gut 100 Jahren beendete Edwin Hubble eine als „Great Debate“ in die Geschichte eingegangene lange und kontroverse Diskussion unter Fachleuten und stieß das Tor zur Kosmologie auf, indem er folgende Frage mit „Ja“ beantwortete: sind einige der nebelhaften astronomischen Objekte gar keine Gaswolken in unserer eigenen Milchstraße, sondern selbst eigenständige Galaxien weit außerhalb unseres Milchstraßensystems? Den Beweis erbrachte Hubble, weil ihm mit dem neuen 2.5m-Spiegelteleskop auf dem Mount Wilson in Kalifornien das damals größte und empfindlichste Teleskop der Welt zur Verfügung stand, um langbelichtete Fotoplatten aufzunehmen. Damit gelang ihm der Nachweis von (aufgrund der Distanz sehr schwach leuchtenden) Einzelsternen im Andromedanebel Messier 31 und das Objekt ist tatsächlich ein eigenständiges Milchstraßensystem in ca. 2.5 Millionen Lichtjahren Distanz.
Dieses Experiment ist heute mit kleinen Instrumenten relativ einfach nachzuvollziehen (und eigentlich ein schöner Schülerversuch für den Physikunterricht).
Abbildung 7 zeigt einen Teil der Andromedagalaxie aufgenommen mit einem 15cm-Newton-Spiegelteleskop. Hervorgehoben ist die Sternwolke NGC 206, bestehend aus vielen sogenannten OB-Sternen, d.h. leuchtkräftigen blauen Sternen, die damit trotz der großen Entfernung einigermaßen leicht fotografisch nachweisbar sind. Warum das heute so einfach geht, zeigt eine kurze Überlegung: Die modernen Detektoren in einer Astrokamera sind wie oben bereits erwähnt etwa 100 Mal empfindlicher, als Edwin Hubble´s Fotoplatten damals. Dies kompensiert ganz grob schon mal den Unterschied in der Größe der Lichtsammelleistung durch die verwendeten Spiegelgrößen (denn z.B. ein 2m-Teleskop sammelt 100 Mal mehr Licht pro Zeiteinheit, als ein 20cm-Teleskop). Dann kommt aber auch noch hinzu, dass die modernen Detektoren quasi linear sind, d.h. dass bei doppelter Belichtungszeit eben auch doppelt so viel Signal gemessen wird. Klassisches analoges und chemisches Fotomaterial unterliegt dem sogenannten Schwarzschildeffekt, d.h. mit zunehmender Belichtung scheint die Empfindlichkeit abzunehmen, weshalb man zunehmend länger belichten muss, um z.B. das Signal jeweils zu verdoppeln.
Dank der heute verfügbaren Techniken sind noch andere erstaunliche Sachen mit kleinem Equipment möglich. Dazu hier ein weiteres Beispiel.
Abbildung 8 zeigt die ebenfalls ca. 2.5 Millionen Lichtjahre entfernte Spiralgalaxie Messier 33 in einer anderthalbstündigen Aufnahme mit dem gleichen 15cm-Teleskop. Diesmal wurde jedoch wieder mit einem Duo-Schmalbandfilter gearbeitet, um gezielt das Licht von Emissionsnebeln messen zu können – also ähnlich wie bei den Gasnebeln in unserer eigenen Milchstraße (Abbildungen 2 bis 5). Neben der Tatsache, dass auch in dieser Galaxie in den Spiralarmen viele schwache Einzelsterne erkennbar sind, fallen vor allem die zahlreichen, rötlich leuchtenden Sternentstehungsgebiete auf. Wir sehen hier also Einzelobjekte wie in unserer Galaxis – nur eben Millionen Lichtjahre entfernt und bei genauem Hinsehen immer noch mit zahlreichen morphologischen Details.
Die Herausforderung steigt – Details in entfernten Aktiven Galaxien fotografieren
Zu den spannendsten extragalaktischen Objekten zählen zweifellos die Aktiven Galaxien – Sternsysteme mit aktiven Kernregionen rund um ihr zentrales, Materie akkretierendes, supermasse-reiches schwarze Loch, oft verbunden mit massiver Sternentstehung (Starbursts), meist nur im Radiobereich erkennbaren Materiejets oder durch Wechselwirkung oder Verschmelzung mit Nachbargalaxien gestörter Morphologie. Zwar handelt es sich nicht bei allen Objekten dieser Art um die klassischen Quasare bei hohen Rotverschiebungen und damit großen kosmologischen Distanzen, aber man muss schon etwas „weiter raus ins All“ und solche Objekte sind eher die typischen Ziele von Großteleskopen, wenn man spezielle Details untersuchen will.
Auch hier kann man aber mit entsprechender Ausrüstung heute interessante Versuche durchführen, doch allzu klein sollten die Teleskope nicht sein. Dazu drei spannende Beispiele.
Abbildung 9 zeigt die mit 13 Millionen Lichtjahren Distanz noch relativ nahe Starburst-Galaxie Messier 82, in der durch zahlreiche Supernovaexplosionen Turbulenzen und starke Ausströmungen von Gas aus der Galaxienebene über Zehntausende von Lichtjahren entstehen. Das Bild entstand mit einem 25cm-Ritchey-Chretien-Spiegelteleskop durch Kombination einer klassischen 3-Farbenaufnahme mit einer Aufnahme in einem OIII/Halpha Dual-Schmalbandfilter, um die Ausströmungen und morphologischen Besonderheiten besonders hervorzuheben. Dieses Bild kann mit früheren Aufnahmen wesentlich größerer Teleskope von vor ein paar Jahrzehnten mühelos mithalten.
Mit dem gleichen Teleskop und der gleichen Methodik entstand auch die in Abbildung 10 gezeigte Aufnahme der pekuliären Galaxie Arp 299. Es ist erstaunlich, welche Details der aktiven Gebiete und der durch Wechselwirkung eines Galaxienpaares hervorgerufenen morphologischen Störungen abgebildet werden können, denn dieses Objekt ist mit einer Lichtlaufzeitdistanz von 150 Millionen Lichtjahren mehr als 10 Mal weiter entfernt als Messier 82 und ein typisches Studienobjekt in allen Wellenlängen für Großteleskope am Boden und im Weltraum (vgl. auch https://de.wikipedia.org/wiki/Arp_299)
Eine weitere Herausforderung an die Technik ist in Abbildung 11 zu sehen. Sie zeigt den zentralen Bereich der Quasarähnlichen aktiven Riesengalaxie Messier 87 des Virgo-Galaxienhaufens (Abstand ca. 60 Millionen Lichtjahre).
Mit Hilfe von eher kurzen Einzelbelichtungen (mit jeweils 30 Sekunden) wird vermieden, dass der Kernbereich zu sehr durch die ausgedehnte Galaxie überbelichtet wird. Bei gutem Seeing ist es dann heute selbst mit kleinen Teleskopen möglich, den energiereichen Jet aus dem zentralen Bereichs des schwarzen Lochs auf dem Summenbild (hier sieben Minuten) abzulichten. Für den Versuch, den Jet ohne Großteleskop fotografieren zu wollen, wäre man vor wenigen Jahrzehnten belächelt worden. Messier 87 ist wegen seiner bemerkenswerten Eigenschaften eines der zentralen Forschungsobjekte der Astrophysik – seit vielen Jahrzehnten und in allen Spektralbereichen (siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Messier_87).
Das Unmögliche möglich machen
Das Vordringen in kosmologische Distanzen und das Ablichten von fernen Galaxienhaufen mit relativ kleinen Teleskopen ist heutzutage tatsächlich möglich. Eine relativ leichte Übung ist die Aufnahme von Gebieten des Virgo Galaxienhaufens in ungefähr 60 Millionen Lichtjahren Distanz (Abbildung 12).
Bemerkenswerter (und doch noch relativ leicht) ist da schon das Fotografieren des Coma-Galaxienhaufens Abell 1656 in einer Lichtlaufzeitdistanz von knapp einer halben Milliarde Lichtjahren – zu sehen in Abbildung 13.
Bis auf einige Vordergrundsterne aus unserer Galaxis sind die meisten der zahlreichen Objekte im Bild Galaxien des Haufens – meist elliptische oder spindelförmige Milchstraßensysteme. Immerhin galt Abell 1556 bis zur Entfernungsbestimmung des Quasars 3C273 in den 1960er Jahren wohl als das entfernteste bekannte Objekt in der Astronomie.
Hinsichtlich der Morphologie der Haufengalaxien ist ein Vergleich mit Abbildung 14 interessant.
Hier ist ein Bereich des ebenfalls etwa eine halbe Milliarde Lichtjahre entfernten Herkules-Galaxienhaufens Abell 2151 zu sehen. Dieser Haufen enthält im Gegensatz zum Virgo- und Comahaufen eine hohe Zahl an spiralförmigen und vor allem wechselwirkenden Galaxien – kein Problem, dies heutzutage mit einem 25cm-Teleskop und nur einer Stunde Belichtungszeit (also bis jetzt nur ein Schnappschuss) mit einer Astrokamera nachzuweisen, sofern die Ausrüstung technisch gewissen Standards folgt. Abell 2151 ist sicherlich ein lohnenswertes Ziel für eine sehr lange Belichtung.
Zum Abschluss nun das Ergebnis eines Projekts, welches weit über das hinausgeht, was man üblicherweise als machbar mit kleinen Teleskopen bezeichnet. Der aber tatsächlich gelungene Versuch ist in Abbildung 15 dokumentiert.
Eines der berühmtesten Bilder des Hubble-Teleskops ist das des etwa 2.1 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxienhaufens Abell 2218, der als Gravitationslinse wirkt und noch viel weiter entferne Galaxien sichtbar macht. Manche von Ihnen sind in Form von Gravitationslinsenbögen erkennbar. Die Aufgabe lautete: Ist es möglich, diesen Haufen mit einem 25cm-Teleskop von einem lichtverschmutzten Ort mit eher schlechtem Seeing abzulichten und dabei sogar solche Gravitationslinsenbögen eindeutig zu erkennen? Die Antwort lautet „Ja“, wie Abbildung 15 eindrucksvoll demonstriert.
Die Gesamtbelichtungszeit des hier gezeigten Bildes beträgt bis zu diesem Zeitpunkt ca. 11 Stunden. Der markierte Bogen hat eine Gesamthelligkeit im Bereich der 21. bis 22. Magnitude und eine Rotverschiebung von etwa z=0.7 (Pelló et al., A&A 266:6-14, 1992). D.h. die hier durch Abell 2218 gelenste Galaxie liegt in einer Lichtlaufzeitdistanz von etwa 6.3 Milliarden Lichtjahren (nach ΛCDM Standardkosmologie).
Gerade das letzte Beispiel zeigt, dass mit den heutigen technischen Möglichkeiten erstaunliche Dinge selbst mit relativ kleinen Teleskopen und an nicht idealen Standorten möglich sind. Dies wurde auch bereits in unserem Beitrag über Lucky Imaging demonstriert.
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